Veranstaltungen

Symposium
Der Balkan als ein Aspekt Europas

29.03.2003:Datum
Aula des Mathematischen Institutes, Komaba-Campus, Universität Tokyo:Ort
DESK:Veranstalter

  • Grußwort

    Ryuichiro Usui (Universität Tokyo, Leiter von DESK)

    Coordinator

    Nobuhiro Shiba (Universität Tokyo, DESK)

  • Sektion 1

    Balkan Family, Culture and Identity in the Process of Modernisation 

    Karl Kaser (Universität Graz)

    Memory, Identity and Historical Legacy as a Categories of Analysis in the Balkans

    Maria Todorova (University of Illinois at Urbana-Champaign)

    The Slovenes, the Western Border of the Balkans and the Balkans in the 20th century (A contribution to the historical meta-geography of the Balkans)  

    Peter Vodopivec (Institut für Zeitgeschichte, Ljubljana)

    Diskussant

    Nobuhiro Shiba (Universität Tokyo, DESK)

    Moderator

    Harald Kleinschmidt (DESK-Gastprofessor)

  • Sektion 2

    The Balkans as a "History of Violence"? 

    Wolfgang Höpken (Georg-Eckert-Institut für internationale Schulbuchforschung, Universität Leipzig)

    Violence in Balkan history

    Mark Mazower (Birkbeck College, University of London)

    Diskussant

    Hiroaki Ozawa (Universität Chiba)

    Moderator

    Yuji Ishida (Universität Tokyo, DESK)

  • Schlussdiskussion

    Diskussant

    Andrew Gordon (Harvard University, Gastprofessor der Universität Tokyo)
    Yoichi Kibata (Universität Tokyo, DESK)

    Moderator

    Nobuhiro Shiba (Universität Tokyo, DESK)

Am 29. März veranstaltete DESK auf dem Campus der Universität Tokyo in Komaba ein internationales Symposium über den „Balkan als einen Aspekt Europas“. Im großen Hörsaal des mathematischen Instituts fanden sich ca. 170 Teilnehmer ein, die den ganzen Tag hindurch eifrig diskutierten. Fünf renommierte Balkan-Forscher aus Europa und Amerika trugen ihre Referate vor: Prof. Maria Todorova (University of Illinois, Moderne Geschichte des Balkans), Prof. Mark Mazower (University of London, Europäische Moderne Geschichte), Prof. Wolfgang Hoepken (Georg-Eckert-Institut, Zeitgeschichte des Balkans), Prof. Karl Kaser (Universität Graz, Familiengeschichte des Balkans) und Prof. Peter Vodopivec (Universität Ljubljana, Europäische Moderne Geschichte). Das Symposium bestand aus zwei Sektionen mit den Titeln „Der Balkan in der europäischen Zeitgeschichte” sowie „Das Gewaltproblem in der aktuellen Geschichte des Balkans”.

In der ersten Sektion wurden drei Vorträge gehalten: Prof. Kaser sprach über „Balkan Family, Culture and Identity in the Process of Modernisation”, Prof. Todorova über „Memory, Identity and Historical Legacy as Categories of Analysis in the Balkans”. Der Titel des Vortrags von Prof. Vodopivec lautete: „The Slovenes, the Western Border of the Balkans and the Balkans in the 20th Century”. Da es vor allem um die Identität des Balkans ging, wies Prof. Kaser darauf hin, dass er keine solche eindeutige Identität habe. Auch Prof. Todorova bestätigte, dass sich auf dem Balkan in der Moderne verschiedene nationale Identitäten gebildet hätten und dass es eben keine gemeinsame Identität gebe. Sie betonte die Notwendigkeit, statt des Vergleichs zwischen dem Balkan und Europa den Blick auf die Vielfalt auf dem Balkan selbst zu richten. Prof. Vodopivec untersuchte an konkreten Beispielen, wie die Slowenen im Laufe des 20. Jahrhunderts im Rahmen ihres Verhältnisses zu Jugoslawien ihre Vorstellung vom Balkan veränderten. Zu den drei Vorträgen machte Prof. Mazower ergänzende Bemerkungen und stellte die künftige Gültigkeit des Begriffs „Balkan“, der mit dem Begriff des Nationalstaats eng verbunden sei, in Frage. Anschließend gab Prof. Nobuhiro Shiba (Universität Tokyo) Kommentare zu den Vorträgen. Darin ging er auch auf die Haltungen aller Referanten zum Balkan ein, in denen sich jeweils sehr unterschiedliche Distanzen zum Objekt spiegelten.

In der zweiten Sektion wurden zwei Vorträge gehalten: Prof. Hoepken sprach über „The Balkan as a ’History of Violence’ ?” und Prof. Mazower über „Violence in Balkan History”. Die beiden Referenten waren sich einig, dass die Gewalt auf dem Balkan nur ein Teil eines in Europa weit verbreiteten Phänomens sei, und zwar eines Ausdrucks der europäischen Moderne. In der Tat aber fänden sich auf dem Balkan auffällig viele gewalttätige Konflikte und Kriege. Prof. Hoepken sah die Ursache in der Brüchigkeit der dortigen Staatsgebilde und in der „Kultur des Balkan”, die friedliche Konfliktlösungen erschwere. Kommentator Prof. Hiroaki Ozawa (Universität Chiba) betonte den Gegensatz zwischen dem in Europa erfundenen Nationalstaat und der sozialen Zusammensetzung des Balkan.

In der abschließenden Plenumsdiskussion sprach Prof. Andrew D. Gordon (Harvard University, Gastprofessor der Universität Tokyo) als Spezialist für Moderne Japanische Geschichte. Prof. Yoichi Kibata (Universität Tokyo, Geschichte des Britischen Imperialismus) fragte vor dem aktuellen Hintergrund des Irak-Krieges nach dem Sinn eines Balkan- oder Europa-Symposiums. In bezug auf die beiden Kommentare entwickelte sich nicht nur unter den Referenten, sondern auch unter den Zuhörern eine eifrige Diskussion mit vielen Fragen.

Darüber hinaus leiteten die Referenten (außer Prof. Vodopivec) am 31. März in Komaba ein spezielles Seminar für graduierte Studenten. Ca. 20 Studenten nahmen an der rund zweistündigen Diskussion teil. Auf diese Weise vermittelte das erste Balkan-Symposium in Japan vielen Studenten und Professoren neue Perspektiven in Hinblick auf Europa sowie wertvolle Anregungen.

Prof. Nobuhiro SHIBA