Veranstaltungen

Historikerkolleg
Deutschland in Japan 2005/2006

17-22.08.2005:Datum

  • Das Studentenseminar "Vergangenheitsbewältigung und kollektive Erinnerung" knüpfte an ein deutsch-japanisches Historikerkolleg an der Universität Halle-Wittenberg im November 2003 an, in der sich 15 deutsche und 12 japanische Studierende der Geschichte und Japanologie in einem 10-tägigen Kompaktseminar mit Fragen der Kriegsschuld und Vergangenheitsbewältigung in Deutschland und Japan auseinandergesetzt haben.
    Anlässlich des "Deutschland in Japan 2005/06", das mit dem 60. Jahrestag des Kriegsendes in Deutschland und Japan zusammenfiel, sollte das Seminar nun in Japan fortgesetzt und die Thematik ausgeweitet und vertieft werden. Teilnehmer waren wiederum hauptsächlich junge Graduierte der Fachrichtungen Geschichte, Japanologie, Politikwissenschaft und Europastudien aus Deutschland und Japan, die durch ein deutsch-japanisches Dozententeam angeleitet wurden. Durch einführende Vorlesungen, vertiefende Arbeitsgruppen und Interviews mit Aktivisten von Bürgerbewegungen wurde in vergleichender Perspektive erarbeitet, welche Bedeutung der Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg und der Aufarbeitung der Vergangenheit für die Konstituierung der Nachkriegsgesellschaften in Deutschland und Japan seit 1945 zukommt.
    Ein Schwerpunkt war dabei die Transformationsprozesse von individuellen und kollektiven Erfahrungen des Krieges hin zu einer in der Gesellschaft mehr oder minder akzeptierten kollektiven Erinnerung. Es wurde ebenfalls untersucht, in welcher Form sich diese kollektive Erinnerung heute präsentiert. Ein weiteres wichtiges Thema war die Rolle von gesellschaftlichen Akteuren für die Aufarbeitung der traumatischen Vergangenheit innerhalb der deutschen und japanischen Nachkriegsgesellschaften, sowie in den Beziehungen zu den jeweiligen Nachbarn.
    Beim 6-tätigen Seminar haben sich über 30 Studenten und junge Wissenschaftler intensiv mit dem Thema beschäftigt.

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Teilnahmebericht
Stefan Säbel (Doktorand an der Universität Tokyo)

Den Vergleich zwischen Deutschland und Japan in Bezug auf ihre Auseinandersetzung mit der Kriegsvergangenheit in den Mittelpunkt des Historikerkollegs zu stellen, war angesichts des 60. Jahrestages des Ende des Zweiten Weltkrieges im letzten Jahr nicht nur vom Zeitpunkt her passend gewählt, sondern auch angesichts der in Japan stattfindenen Diskussion, ob Deutschland auf dem Feld der Vergangenheitsbewältigung als Vorbild für Japan gelten sollte, von großer Relevanz. Da dabei in der Diskussion in den Medien immer wieder vieles vereinfacht oder verzerrt dargestellt wird, bot das Historikerkolleg eine wichtige Gelegenheit, ein differenzierteres Bild des Umgangs mit der Vergangenheit in den beiden Ländern zu entwerfen, und insbesondere mehr nach Erklärungen für die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu suchen, als endlos zu diskutieren, welches der beiden Ländern seine Vergangenheit nun besser oder schlechter "bewältigt" hat.
In mehreren im Rahmen von DESK veranstalteten Vorbereitungstreffen an der Universität Tokio beschäftigten sich die Teilnehmer der japanischen Seite seit Jahresbeginn 2005 mit Entschädigungen und Reparationen Japans in der Nachkriegszeit, mit Schwerpunkt auf den Entschädigungsklagen verschiedener Opfergruppen, und der öffentliche Erinnerung an den Krieg in Japan. Auf diesen Vorbereitungstreffen basierten dann auch die Beiträge der japanischen Seite während des Historikerkollegs, die zusammen mit den Vorträgen der deutschen Studenten, der Dozenten und Gäste die Grundlage für die lebhaften und ergiebigen Diskussionen während des Kollegs bildeten.
Angesichts der Fülle von Themen, die während des Historikerkollegs behandelt wurden, möchte ich hier nur zwei Punkte ansprechen, die versprechen, einen Ausgangspunkt für die weitere Beschäftigung mit der während des Kollegs diskutierten Themen zu bilden. So gaben erstens die Beiträge der polnischen Teilnehmer wertvolle Einsichten, wie die Vergangenheitsbewältigung der"Täternationen" in den "Opferländern" wahrgenommen wird, und wie die Kriegserfahrung deren kollektiven Erinnerung prägt. Auch in Bezug auf Japan wäre es für die weitere Diskussion interessant mehr als bisher zu untersuchen, wie die japanische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit in China, Korea, Tawain oder Südostasien bewertet wird, und wie deren Reaktionen auf Japan und die Diskussion in Japan rückwirken.
Erwähnenswert war zweitens auch der von den Professoren Gesine Foljanty-Jost und Michael Müller vorgestellte Ansatz, durch die Betrachtung einzelner gesellschaftlicher Akteure den unterschiedlichen Verlauf der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit in beiden Ländern zu erklären, wobei allerdings auch klar wurde, daß hierbei teilweise noch erheblicher Forschungsbedarf besteht. So wäre zum Beispiel interessant zu untersuchen, warum die Studentenbewegung in Deutschland erheblich zu einem kritischeren Umgang mit der Vergangenheit beitrug, während die Studentenbewegung in Japan als nicht im gleichem Maße einflußreich erwies. Hoffentlich können diese und weitere Fragen beim nächsten Historikerkolleg erörtert werden.